Haltung und Fütterung

Kaltblutpferde sind besonders leichtfuttrig. Diese Eigenschaft stellt den Pferdehalter zunehmend vor besondere Herausforderungen


Über Jahrhunderte hinweg wurden Pferde aus wirtschaftlichen Gründen auf Leichtfuttrigkeit gezüchtet. Die Pferdezucht bemühte sich ein Pferd zu züchten, das mit wenig Futter hohe Leistungen erbringen kann. Durch den Wandel in der Pferdehaltung wird dieses ehemalige Zuchtziel heute eher zum Problem. Besonders Kaltblutpferde betrifft diese Problematik.  Mit Nahrungsenergie oft überversorgt müssen die Pferde im Gegenzug dafür nur selten mittlere bis schwere Arbeitsleistungen erbringen.  

Leichtfuttrigkeit

An den Hochschulen für Tierernährung wurde in den letzten Jahren die Problematik „Futtrigkeit“ beim Pferd intensiv erforscht. Hinter dem Begriff „Futtrigkeit“ verbirgt sich die Eigenschaft der Pferde die angebotene Nahrungsenergie zur Erhaltung des Körperzustandes unterschiedlich auszunutzen. Die Begriffe leicht-, mittel-, schwer- futtrig drücken aus, dass Warmblutpferde üblicherweise als normalfuttrig gelten während leichtfuttrige Pferde wie Kaltblutpferde ca. 20 % weniger Nahrungsenergie und schwerfuttrige Pferde wie Vollblüter ca. 20 % mehr an Nahrungsenergie benötigen um ihren Erhaltungsbedarf zu decken im Verhältnis von gleich schweren Warmblutpferden. 

Futteraufnahme ist auch Beschäftigung 

Schwarzwälder Kaltblüter sind wie Versuche im Haupt- und Landgestüt Marbach zeigen wahre Schnellfresser bei der Raufutteraufnahme. Geht man im allgemein davon aus, dass ein ca. 600 kg schweres Pferd für die Aufnahme von 1 kg Heu bei Bodenvorlage etwa 45 Minuten benötigt so schaffen Schwarzwälder Kaltbluthengste dies im Schnitt in 23 Minuten (Piesik 2017). Das Schwarzwälder Kaltblutpferd hat bei den Leistungsprüfungen im Mittel ein Körpergewicht von 590 kg. Die Spannweite reicht dabei von 460 kg bis 770 kg Körpergewicht. Bei einer empfohlenen täglichen Raufuttermenge von ca. 1,5 kg Heu je 100 kg Körpergewicht sollte ein vergleichbares Pferd mit ca. 600 kg Körpergewicht täglich ca. 9 kg Raufutter aufnehmen.  Rein rechnerisch deckt ein tägliches Heuangebot von ca. 12 kg bei mittlerer Heuqualität den täglichen Energiebedarf bei leichter Arbeit.  Bei einer mittleren Verzehrgeschwindigkeit der Schwarzwälder Kaltbluthengste (Piesik 2017) von 23 Minuten für 1 kg Heu ergibt sich eine Gesamtfressdauer von ca. 4 ½ Stunden täglich. Das wirft bei den Kaltblutpferden die Problematik auf, wie beschäftigen sich die Pferde in der restlichen Zeit des Tages. Für den Pferdehalter stellt sich somit die Frage wie kann man bei Kaltblutpferden die Futteraufnahme in die Länge ziehen ohne dass diese Pferde durch überhöhte Nährstoffaufnahme verfetten.

Körpergewicht und die Frage zu dick oder zu dünn

An erster Stelle steht für den gewissenhaften Halter die Frage wie schwer ist mein Pferd und ist es im idealen Körperzustand zu dick – zu dünn. Die Frage des Gewichtes lässt sich mittels einer Näherungsformel relativ gut schätzen. Hierzu wird der Brustumfang x Brustumfang x Körperlänge (Sitzbeinhöcker- Brustbein) jeweils in cm multipliziert und anschließend durch 11900 dividiert. Dies ergibt einen relativ guten Hinweis für das tatsächliche Körpergewicht des vermessenen Pferdes bei einem geringen Schätzfehler. Zur Frage des Futterzustandes benötigen wir den Verfettungsgrad BCS (Body Conditon Score). Je nach Fettauflage an den Rippen, Schweifansatz, Lende, Schulter, Widerrist und Nackenkammfett wird das Pferd in eine Skala von 1 bis 9 eingeteilt. Erwünscht ist bei Gebrauchspferden ein BCS-Wert von 5, bei Zuchtpferden ein BCS-Wert um 6. Ein erster Hinweis für den Wert 5 ist dass die Rippen erkennbar bzw. leicht fühlbar sind.  

Wie kann der ideale Futterzustand bei Pferden erreicht werden 

Übergewichtige Kaltblutpferde sollten im ersten Ansatz durch mehr Bewegung bzw. höhere Arbeitsleistung in den verbesserten Futterzustand gebracht werden.  Eine Stunde täglich im Schritt bewegen erfüllt in der Regel nicht die Anforderungen für leichte Arbeit. 

Als zweite Maßnahme kann durch eine energieärmere Ration ein verbesserter Futterzustand erreicht werden. Dabei ist ein abruptes kürzen der Ration nicht zu empfehlen. In moderater Form ist das Energieangebot gegenüber den Bedarfswerten um ca.  10 % zu reduzieren. Neben der Reduktion von Kraftfutter könnte dies der Austausch von relativ energiereichem gegen energieärmeres Raufutter sein.  

Weitere Möglichkeiten zur Reduktion der täglichen Futtermenge bieten Hilfsmittel aus dem Bereich der Futtertechnik. Hier sollte speziell beim Kaltblutpferd soweit möglich die Verzehrgeschwindigkeit gesenkt werden. Es gilt die Futteraufnahmezeiten deutlich zu verlängern. Möglichkeiten bietet hierzu der Einsatz von Futterraufen verschiedenster Art oder Heunetze. Die engen Stababstände oder das engmaschige Heunetz verlängern die Futteraufnahmezeiten deutlich.

Die Aufgabe des Pferdehalters und Pferdeigentümers ist es gesunde und langlebige Pferde zu erhalten. Speziell bei den Kaltblutpferden, die zunehmend unterfordert als Freizeitpferde gehalten werden, gilt es einen adäquaten Futterzustand anzustreben denn diese Forderung ist Bestandteil für Tierwohl.

Weitere Info zu diesem Thema unter: www.pferde-bw.de

Karl-Heinz Vollmer - Kompetenzzentrum PFERD Baden-Württemberg

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