Veranstaltung der Landesfachklasse der Pferdewirte an der Beruflichen Schule in Münsingen
Kinder für das Pferd begeistern
Kinder fürs Pferd begeistern
Junge Menschen an den Umgang mit den Pferden heranzuführen war das Thema einer Veranstaltung in der Beruflichen Schule Münsingen. Der Förderverein der Schule hat die Projektpräsentation der Schülerinnen und Schüler, ergänzt durch Praxiserfahrungen von Heiner Eppinger, Markus und Julia Lämmle, der Landesfachklasse für Pferdewirte unterstützt und die Öffentlichkeit eingeladen. Thomas Casper ergänzte die Ausführungen und berichtete vom Projekt „Kinder ans Pferd“.
Die Schülergruppen präsentierten ihre Ergebnisse umfassend:
Mitgliederzahlen in den Vereinen sowie Zahl und Größe der Veranstaltungen zeigen insgesamt eine leicht rückläufige Tendenz, die es zu stoppen gilt. Basis dafür ist ein ansprechendes Betriebskonzept. Pferde in tiergerechter Haltung, in jeder Größe, in jedem Alter und mit verschiedenen Leistungsständen laden zum Wohlfühlen ein. Ein umfassendes Angebot, von der Herstellung erster Kontakte zum Pferd über Feriencamps mit Abenteurercharakter bis zu Lehrgängen und Turnierteilnahme, geführt von Personal mit entsprechender beruflicher Qualifikation, ergänzt durch Personen mit pädagogischer Ausbildung. Durch Öffentlichkeitsarbeit auf verschiedenen Ebenen (Kindergärten, Schulen, Flüchtlingseinrichtungen, „Tag der offenen Tür“, Ponyreiten und Kutschfahrten usw.) wird Interesse am Pferd geweckt. Die Bedeutung des Pferdes als Therapeut, zur Förderung verschiedener wichtiger Eigenschaften und Kompetenzen, die im Kinder- und Jugendalter erlernt und gefördert werden sollten, wird betont.
Der Umgang mit dem Pferd wurde in verschiedene Altersstufen dargestellt.
Im Vorschulalter wird vor allem Balance und Koordination der Bewegung spielerisch gefördert. Die Neugierde Wissenswertes zu erfahren
ist unendlich groß, die Lernfähigkeit nimmt rasch zu. In diesem Alter ist die Begleitung durch ältere Personen
unumgänglich. Die Idee auch Kurse für Eltern anzubieten, wurde vorgestellt.
Ist das Schulalter erreicht, verbessert sich Motorik und Konzentrationsfähigkeit. Der Lernzuwachs ist in diesem Alter enorm.
Problematischer kann es werden, wenn die Pubertät einsetzt. Die Interessen der Jugendlichen wechseln, das Körperwachstum
schränkt die Bewegung ein, das Leistungsvermögen ist wenig konstant. In dieser Phase ist viel Einfühlungsvermögen
erforderlich. Ausnahmen bestätigen diese Regel, manche Reiterinnen und Reiter sind in diesem Alter bereits im Spitzensport
unterwegs.
Wichtig in allen Altersstufen ist die Motivation. Abwechslungsreicher Unterricht, kleine Wettbewerbe oder die Teilnahme an Turnieren, die
Umsetzung gemeinsamer Vorhaben in der Gruppe mit und ohne Pferd sind geeignet, die Freizeit attraktiv und sinnvoll zu gestalten. Jungen
zeigen am Umgang mit Pferden nur in Einzelfällen Interesse. Andere Sportarten sind mit weniger finanziellem Aufwand machbar, weshalb
Eltern ihren männlichen Nachwuchs nicht drängen werden, sich den Pferden zuzuwenden. Reiten gilt als Mädchensport, verbunden
mit viel Glitzer bei der Ausrüstung des Pferdes und der Reiterin. Jungs müssen konkret angesprochen werde, die Angebote sportlich
und spannend orientiert sein.
Auch Gefühle der Angst können auftreten. Ängste müssen erkannt und zugelassen werden. Offene Gespräche und die Wahl der passenden Pferde, kombiniert mit kleinschrittigem Vorgehen vermitteln Sicherheit im Umgang mit dem Pferd.
In der anschließenden Interviewrunde mit den Gästen gab es zunächst für die von den Schülerinnen und
Schülern bestens strukturierten und fundierten Präsentationen ein dickes Lob. Die vorgetragenen Inhalte fanden die Zustimmung
aller.
Die Veränderung der Kinder und Jugendlichen im Verlauf der Jahrzehnte wurde thematisiert, Julia Lämmle berichtete vom zunehmenden
therapeutischen Bedarf sowohl bezüglich kognitiver als auch motorischer Eigenschaften bei Kindern. Markus Lämmle und Heiner
Eppinger konnten keine grundlegenden Unterschiede feststellen, Heiner Eppinger gab nur eins zum Besten: „Für den Reitunterricht
habe ich ein paar Schulpferde angeschafft, die auch etwas schwerere Jugendliche tragen können.“
Thomas Casper stellte die Arbeit des gemeinnützigen Vereins "Pferde für unsere Kinder e.V." dar. Ziel ist Kinder und Pferde in Berührung zu bringen. Jedes Kind soll die Gelegenheit erhalten, mit einem Pferd in Kontakt zu kommen. Dazu wurden zahlreiche Aktionen durchgeführt, die beispielhaft und nachahmenswert sind. Auch geht es um die Akzeptanz des Pferdes als Partner aller Menschen im Breiten- wie im Leistungssport.
Offen blieb für eine mögliche Umsetzung die Frage der Finanzierbarkeit. Diskutiert wurde das Dilemma, die große Begeisterung der Kinder zu wecken, zu wenig qualifizierte Angebote für diese Kinder zu haben sowie die hohen Kosten für qualifiziertes Personal und gute Schulpferde erwirtschaften zu müssen und trotzdem Angebote für Kinder zu schaffen, die finanzierbar sind. Casper nannte Voltigieren als Beispiel, die Schüler haben die Möglichkeit einer Reitbeteiligung angesprochen. Den Königsweg in diesem Spagat zu finden, bleibt Auftrag für die Zukunft.
Die angehenden Pferdewirte mit ihrer Fachlehrerin Andrea Pfirrmann haben durch die Präsentation der Ergebnisse ihres Projektthemas interessante Anregungen gegeben.
Roland Dörr / Foto: Dr. Claudia Gille-Eberhardt