Berufsausbildung - Pferdehaltung

Digitales Lernen - Blended- Learning-Modul zum Thema Pferd


Schwerpunkt: Digitales Lernen  -  Auf’s Pferd gekommen!

Meike Heusel; Schulbeauftragte der Fachschule für Landwirtschaft Herrenberg, Böblingen; M.Heusel@Irabb.de

Foto: Stängle

Fachkompetenzen bündeln und Ressourcen einsparen – unter diesen Zielvorgaben erarbeitete die Fachschule für Landwirtschaft Herrenberg (FSL) in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum Pferd Baden-Württemberg (KoPf), dem Haupt- und Landgestüt Marbach (HuL) und dem Kreismedienzentrum (KMZ) Böblingen ein Blended- Learning-Modul zum Thema Pferd.

Die FSL Herrenberg gehört zu den kleinsten der insgesamt neun landwirtschaftlichen Fachschulen in Baden-Württemberg. Alle drei Jahre wird eine neue Klasse mit rund 20 Studierenden eröffnet. Das Einzugsgebiet erstreckt sich über neun Landkreise in der Mitte Baden-Württembergs. Neben den unterschiedlichen natürlichen Gegebenheiten und der Nähe zum Ballungsraum Stuttgart sind die Schülerbetriebe auch hinsichtlich ihrer Betriebsschwerpunkte sehr unterschiedlich ausgerichtet, insbesondere im Bereich der Tierhaltung. Milchvieh, Pferde, Schweine, Mutterkühe, kleine Wiederkäuer – auf den Schülerbetrieben sind oft sämtliche Tierarten vertreten.

Für die FSL und die Lehrkräfte bedeutet das eine enorme Herausforderung, schließlich sollen alle Studierenden am Ende der Fachschulzeit einen Zugewinn an Fähigkeiten und Kenntnissen verzeichnen können – im Idealfall in ihrem Spezialgebiet. Bedingt durch die Schul- und Klassengröße ist es wenig sinnvoll, die Klasse in Gruppen aufzuteilen und individuell zu beschulen. Eine Lösung kann sein, die im Land vorhandenen Kompetenzen effizient zu bündeln und den Studierenden so die Chance zu geben, sich individuell und landesweit fortzubilden. Blended Learning als Lernform bietet dabei durch die Einsparung von Ressourcen einen weiteren positiven Nebeneffekt: Weite Anfahrtswege entfallen für die Studierenden und erleichtern dadurch die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und beruflicher Weiterbildung. Auch der Einsatz der Lehrkräfte ist effizienter. Fahrtkosten und Arbeitszeit können eingespart werden, da Interessierte aller Schulen gebündelt werden. 

Kompetente Partner

Vor diesem Hintergrund entschied sich die FSL, an dem vom Ministerium für Ernährung, ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg ausgeschriebenen Projekt „Fachschulunterricht unter Corona-Pandemie-Bedingungen unter Einsatz von Blended Learning“ teilzunehmen. So wurde ein Blended-Learning-Modul zum Thema Pferd erarbeitet und den Studierenden aller Fachschulen im Land zur Verfügung gestellt. Für die fachliche Expertise wurden das Kompetenzzentrum Pferd Baden-Württemberg (KoPf) und das Haupt- und Landgestüt Marbach (HuL) als Kooperationspartner akquiriert. Beratung in Sachen Medienbildung und -kompetenzen leistete das Kreismedienzentrum Böblingen.

Die Projektarbeit orientierte sich an der sogenannten PDCA-Methode, die ihren Namen von den Anfangsbuchstaben ihrer einzelnen Phasen ableitet: Plan, Do, Check, Act. Sie gilt als universelles Modell zur Optimierung des Qualitätsmanagements von Unternehmen und ließ sich hervorragend auf das Projekt übertragen. In der ersten Phase wurde das Modul geplant und in der zweiten Phase durchgeführt. In Phase drei wurde die Umsetzung überprüft beziehungsweise evaluiert. Die optimierten Abläufe gelten dann in der letzten Phase als Standard.

Phase 1: Plan

In mehreren Workshops wurde ein umfangreiches Modul erarbeitet, dessen Inhalte sich an dem vom KoPf angebotenen Sachkundelehrgang „Pferdehaltung“ orientierten. Nachfolgende Themen wurden abgedeckt:

  • Ethologie, Fütterung und Haltung, 
  • Betriebswirtschaft,
  • veterinärrechtliche Aspekte,
  • Haftungs- und Versicherungsfragen,
  • Kundenmanagement,
  • Tierschutz,
  • Weidemanagement und Unfallverhütung,
  • praktische Aspekte wie der Umgang mit Pferden oder das Verladen,
  • Besichtigung von Betrieben.

Die Inhalte wurden verzahnt aufbereitet. Präsenz- und Online-Phasen fanden im Wechsel statt und unterstützten methodenreich und crossmedial verschiedene Lehr- und Lernprozesse. Ergänzend dazu wurden zwei Themenblöcke in Form von Selbstlernlektionen aufbereitet und vier weitere Arbeitsaufträge erteilt. Durch die Benotung der Arbeitsaufträge sowie einer mündliche und einer schriftlichen Abschlussprüfung fielen in Summe sechs Prüfungsleistungen an, die am Ende des Moduls zu einer Abschlussnote verrechnet wurden. In Summe waren rund 40 Wochenstunden für den Block veranschlagt, der im Sommersemester 2022 – nach einjähriger Planungsphase – schließlich durchgeführt wurde.

Phase 2: Do

Die Auftaktveranstaltung fand Anfang April 2022 im Haupt- und Landgestüt Marbach statt. Neben einer Einführung zum Wirtschaftssektor „Pferd“ erhielten 21 Studierende einen Input zur Erstellung von Lernvideos als Vorbereitung für den späteren Arbeitsauftrag sowie eine Betriebsführung über das Gestüt. Die Besichtigung eines weiteren Praxisbetriebs wurde angeschlossen. Über den Sommer hinweg fanden vier weitere halbtägige Kurstage im Onlineformat statt, an denen namhafte Referenten aus dem ganzen Land zu verschiedenen Schwerpunktthemen Wissen vermittelten.

Dabei kam modernste Technik zum Einsatz: Mithilfe einer 360-Grad-Kamera wurden die Haltungssysteme auf ausgewählten Betrieben dokumentiert. Die Aufnahmen ließen sich im Nachgang bearbeiten, zum Beispiel durch die Markierung wichtiger Punkte oder das Hinterlegen von weiteren Informationen, Bildern und Videos. Mittels ergänzender Arbeitsaufträge konnten sich die Studierenden in verschiedene Themen noch intensiver einarbeiten. Dazu gehörten die Berechnung der eigenen Deckungsbeiträge und einer Futterration sowie die Überprüfung der eigenen Haltungsbedingungen mittels der „GQS-Liste Pferdehaltung“.

Mithilfe von iPads sollten selbstständig Erklärfilme zu den Funktionskreisen des Verhaltens erstellt werden. Der Leitgedanke: Die Studierenden sollen von Medienkonsumentinnen und -konsumenten zu Medienproduzentinnen und -produzenten werden. Im Rahmen der Selbstlernlektionen, welche auf der Lernplattform „Moodle“ bereitgestellt wurden, konnten sich die Studierenden Inhalte zu Betriebswirtschaft und Kundenmanagement selbstständig und in ihrem eigenen Lerntempo erarbeiten. Der sechste und letzte Tag fand wiederum in Präsenz im HuL Marbach statt. Neben einer praktischen Einheit zum Umgang mit dem Pferd an der Landesreitschule wurden die schriftlichen und mündlichen Prüfungen abgenommen.

Erfreulich war zudem, dass die Deutsche Reiterliche Vereinigung das Modul in seiner Gesamtheit anerkannt und den Teilnehmenden bei erfolgreich abgelegter Prüfung ein Zertifikat über den Sachkundenachweis in der Pferdehaltung (Stufe 1) ausgestellt hat. Dieser Sachkundenachweis kann bei der Beantragung der Erlaubnis für gewerbsmäßige Reit- und Fahrbetriebe nach Paragraph 11  des Tierschutzgesetzes (TierSchG) bei den Veterinärämtern vorgelegt werden.

Phase 3: Check

Im Nachgang hatten die Studierenden die Möglichkeit, das Modul zu evaluieren. Knapp 60 Prozent haben das Modul mit „sehr gut“ oder „gut“ bewertet. Auch der Anteil von Online- und Präsenzphasen wurde von 60 Prozent der Befragten als angemessen empfunden. Der Arbeitsaufwand über das Sommersemester hinweg war aber nahezu allen Teilnehmenden zu hoch.

Das Zertifikat über den Sachkundenachweis in der Pferdehaltung (Stufe 1) war nur für gut ein Drittel der Studierenden relevant.  Die Flexibilität (53 Prozent) und die einfache Benutzung (47 Prozent) des Unterrichts überraschte die Studierenden am Onlineformat, ebenso wie der Zugewinn an Eigenständigkeit, Motivation und Selbstbestimmung (35 Prozent). Als besondere Herausforderungen im Rahmen des Onlineunterrichts wurde die Ablenkung durch den Betrieb (53 Prozent) und mehr Stress durch die Arbeit von zu Hause aus (41 Prozent) genannt. Knapp 65 (Prozent) der Befragten konnten sich vorstellen, auch andere Themen in Form von Blended Learning zu bearbeiten. Dennoch fiel in den Freihandanmerkungen häufig der Wunsch nach mehr Präsenzphasen und Praxiseinheiten.

Phase 4: Act

Auf Grundlage der Evaluierungsergebnisse wurden in der Abschlussbesprechung mit den Kooperationspartnern konkrete Verbesserungsvorschläge für ein Folgemodul erarbeitet. Da das Angebot des Sachkundekurses nicht für alle Studierenden relevant war, soll das Modul künftig in einen Grund- und Vertiefungskurs aufgeteilt werden. Der Sachkundenachweis in Verbindung mit den Arbeitsaufträgen und Abschlussprüfungen wäre dann lediglich noch für den Vertiefungskurs relevant.

Zudem soll das Modul nicht mehr im Sommersemester, sondern im Winterhalbjahr angeboten werden. Dadurch soll der Arbeitsaufwand über den Sommer hinweg reduziert werden, um die Studierenden während der Arbeitsspitzen auf den landwirtschaftlichen Betrieben zu entlasten. Hier bedarf es aber der Terminabstimmung mit den anderen Fachschulen, um Überschneidungen zu vermeiden und das Angebot für möglichst viele Studierende zugänglich zu machen.

Die Referenten, allesamt Spezialisten in ihren Fachgebieten, jedoch ohne pädagogischen Hintergrund, waren zum Teil im Umgang mit dem Onlineformat noch unerfahren. Darum sollen diese künftig vor dem Beginn des Moduls im Umgang mit der Technik geschult werden. Insbesondere bei der Auswahl von passenden Tools zur digitalen Interaktion bestand der Wunsch nach Unterstützung.



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